„Aus meiner Sicht“ – Nachbetrachtung Prag

„Fair Play“ im Sport – jeder kennt das Motto.

In vielen Stadien und Hallen wird bei Sportereignissen in großen Lettern darauf hingewiesen.
Doch gehört zum Fairplay im Sport nicht auch dazu, Sportler, die für Deutschland starten, auch entsprechend zu unterstützen? Nicht so beim Deutschen Fechterbund.Ich bin gerade mal zehn Tage aus Prag zurück, wo unser Fechter Marius Braun an den Junioreneuropameisterschaften teilgenommen hat.
Für einen kleinen Verein wie den Fechtsportverein Klarenthal ist es eine ganz besondere Ehre, wenn ein Fechter aus den eigenen Reihen für Internationale Meisterschaften nominiert wird und die deutschen Farben vertreten darf.
Doch 1 1/2 Wochen vor dem Ereignis wird das offizielle Nominierungsschreiben des Deutschen Fechterbundes vorgelegt: „die Finanzierung der EM wird nicht über die Jahresplanung des DFeB übernommen; sämtliche Reise- u. Verpflegungskosten für Athleten und deren Trainer fallen zu Lasten der Teilnehmer bzw. der entsendenden Vereine.“
Will heißen: Du darfst für Deutschland starten – aber bezahlen musst du selbst!
Ein Schlag in das Gesicht für die jungen Athleten, die über das ganze Jahr hinweg Toppleistungen bringen müssen, um letztendlich zu einem Großereignis nominiert zu werden. Junge Fechterinnen und Fechter, die sich anschicken vielleicht einmal in die Fußstapfen einer Anja Fichtel oder eines Peter Joppich zu treten !
In Prag habe ich erfahren, dass die Europmeisterschaften im Kadetten-u. Juniorenbereich schon seit längerem nicht mehr finanziert werden. Die meisten deutschen Fechter kommen aus Stützpunkten wie z.B. Tauberbischofsheim oder Heidenheim, deren Vereine die Kosten auch ohne Probleme übernehmen können. Unser Verein ist mit seinen 60 Mitgliedern der mit Abstand kleinste Verein, der einen Nationalfechter in seinen Reihen hat.
Wir werden versuchen die Kosten für Marius und seinen Trainer vom Fechtinternat Bonn irgendwie zu übernehmen – aber ist das fair? Eigentlich sollten Vereine, die Nationalfechter stellen, eher belohnt werden – oder nicht ?
Das ist meine ganz persönliche Ansicht und auch meine eigene Meinung dazu und ich werde jedem Offiziellen des DFeB, dem ich in der nächsten Zeit begegnen sollte, meine Meinung dazu sagen. Auch wenn ich weiß, dass das keinen Nutzen hat.
Was haltet Ihr davon? Wie sieht es in anderen Sportarten aus? Schreibt uns doch Eure Erfahrung oder Eure Meinung  – das würde mich freuen.
Birgit Uder
Trainerin Fechtsportverein Klarenthal

Junioren-EM Prag 2007

Bei den Junioreneuropameisterschaften in Prag, die am Sonntag zu Ende gingen, erreichte Marius Braun im Einzel den ausgezeichneten 12. Platz.
Nachdem er in der Direktausscheidung den Belgier Anthemis und Remjin aus den Niederlanden deutlich bezwingen konnte, traf er im Achtelfinale auf den Russen Zherebchenko. Bis 8:9 war das Gefecht noch ausgeglichen, doch dann gewann der Russe die Oberhand und konnte mit 15:9 gewinnen.
Marius selbst war mit dem Gefecht nicht ganz zufrieden, er ärgerte sich, dass ihm das Gefecht aus der Hand geglitten ist und er eigentlich nicht wusste warum.
Über Platz 12 kann er sich trotzdem freuen, zumal die anderen drei Deutschen nicht die Runde der besten 32 erreichen konnten.
Am Sonntag wurden die Teamwettbewerbe ausgetragen. Nach einem hart erkämpften Sieg gegen die Niederlande traf das deutsche Team im Viertelfinale auf die starken Fechter aus Russland. 38:25 hieß es am Ende für die Russen, die mit einer sehr ausgeglichenen Mannschaft angetreten sind.
Gegen Polen verloren die Deutschen mit viel Pech 23:40, rafften sich aber nochmal auf, um sich mit einem 45:23-Sieg gegen Weissrussland den siebten Platz unter 20 gestarteten Mannschaften zu sichern.

Tagebuch Junioren-EM Prag

Tagebuch von Birgit Uder, die sich live vor Ort befindet und Marius unterstützt.

Aktuell – Live aus Prag – Junioreneuropameisterschaften in Prag
Mistrovsrti evropy v sermu junioru
31. Oktober 2007
Bin gut an – und untergekommen. Von meinem Hotelzimmer
falle ich fast direkt in die Sporthalle rein. Und das habe ich nach
dem Auspacken gleich ausprobiert. Gehe in die Sporthalle rein und
und denke „wo bin ich denn hier gelandet?“.
Der Bau scheint schon etwas aelter zu sein und in die Fechthalle
kommt man nur durch einen Irrgarten von haesslichst gefliesten Fluren.
Waeren diese Gaenge nicht mit Teppich ausgelegt, wuerde man
wahrscheinlich im Kreis laufen (ist mir trotz Teppich passiert).
Also folge man dem blauen Teppich in die Mainhall, dem roten in die
Hall 2 usw.
Die Hallen wurden aber gut hergerichtet. Die zwei Nebenhallen, jeweils
ein Flur weiter, sind mit jeweils vier Bahnen und die Haupthalle mit
acht Bahnen und einer Hochbahn ausgestattet.
Essen und Trinken gibt es draussen auf der Terasse in einem
beheizten Zelt. Dort gibt es tscheschiches Hausgemachtes zu
vernuenftigen Preisen.
Heute konnte ich noch die Gefechte ab dem Viertelfinale im Herrendegen
und Damensaebel verfolgen. Gold gab es fuer Deutschland im
Degen durch Tran de Mao. Die Saebeldamen als auch die
Florettdamen und Saebelherren konnten keine Podestplatze erreichen.
Die Triebuene war ab dem Halbfinale proppenvoll, nur an der Stimmung
haperte es ein bisschen, aber jetzt bin ich ja da mit meiner
Deutschlandfahne 🙂 .
So, das war der erste Eindruck von heute, wollte euch doch nicht bis
morgen warten lassen. Mach mich jetzt fertig, hab gleich noch ein Date
in der Altstadt von Prag oder hier um die Ecke.
Bis morgen und drueckt Marius am Freitag die Daumen !

Live aus Prag – 2. Tag
1. November
Bin heute spaet aufgestanden – schliesslich ist ja im Saarland Feiertag. Das Fruehstueck war ganz international, hier im Hotel haben sich auch die Ungarn, Russen, Polen, Hollaender, Schweden und Oesterreicher eingenistet.
Danach bin ich gleich in die Fechthalle, um den deutschen Fechterinnen in ihrem Viertelfinale gegen Polen zuzuschauen. Hat mich nicht vom Hocker gerissen. Sie verloren wirklich sang- und klanglos mit 24 zu 45. Die anderen drei Viertelfinals waren vom Kampf gepraegt, was ich bei den deutschen Maedels total vermisst habe.
Danach haben sich nochmal aufgebauemt und in den Platzierungsgefechten Rang 5 erreicht und damit die Quali fuer die Junioren-WM.
Im Hintergrund hoere ich gerade die Musik fuer den Einmarsch der Mannschaften fuer das Finale im Damenflorett. Danach noch das Saebelfinale und dann ist Schluss fuer heute. Morgen wird es anstrengend. Um halb neun geht es schon los.
Marius habe ich heute begruesst – er ist wie immer gut drauf.
Wenn ihr Bilder vermisst, das mache ich alles, wenn ich wieder zurueck bin.

Live aus Prag – 3. Tag
2. November

2. November
Puenktlich um halb neun ging es heute morgen los.
Marius hat einen guten Start erwischt.Mit fuenf ueberzeugenden Siegen und nur einer Niederlage gegen Tomasz Gmerek aus Polen steht er auf Platz 14 der Setzliste fuer das 64er-KO.
Um 12 Uhr steht das Gefecht um den Einzug unter die letzten 32 an. Sein Gegner ist Eli Anthemis aus Belgien.
Marius konnte das Gefecht deutlich mit 15 zu 6 gewinnen. Es gab eine Schrecksekunde beim Stand von 2 zu 3, als er mit dem linken Fuss umknickte. Die Physiotherapeutin war aber sofort zur Stelle und konnte ihn bestens versorgen. Mit dem fuer Marius typischen Kaempferherz ging es weiter und er brachte das Gefecht sicher nach Hause.
Unter den letzten 32 traf er auf Remjin Martin aus den Niederlanden, der den Deutschen Sven Nicklas Rick ausschalten konnte.
Mit 15 zu 7 konnte er gewinnen und ist nun unter den besten 16. Laut Aussage von Marius wartet jetzt ein Brocken, ein ganz dicker.
Von den anderen drei Deutschen konnte leider keiner unter die besten 32 gelangen.
Dimitry Zherebchenko aus Russland war wirklich ein dicker Brocken, aber bis zum Stand von 8:9 konnte Marius gut mithalten, das Gefecht war ziemlich ausgeglichen. Dann gewann der Russe die Oberhand und konnte die Partie mit 15:9 fuer sich entscheiden.
Marius belegte am Ende den 12. Platz und hat jetzt einen Tag Pause bevor am Sonntag noch die Teamwettbewerbe anstehen.Im Finale der besten acht stehen drei Russen, jeweils ein Italiener, Franzose und Ungar und ein Fechter aus der Ukraine.

Live aus Prag – 4. Tag

3. November

Heute musste ich vom Fechten einen Tag Pause machen. Bin aber gerade wieder in die Halle gekommen und habe noch mitverfolgt wie die deutschen Saebelfechterinnen die Bronzemedaille gewinnen konnten.
Gestern abend war ich mit Hans-Juergen in der Prager Altstadt essen. Direkt am Altstaedter Ring und draussen im Freien !!!!
Heute wollten wir eigentlich zusammen die Stadt ein bisschen erkunden, aber nach dem schlechten Abschneiden seiner Degenfechterinnen musste er heute ein anderes Programm fuer die Maedels organisieren, damit sie noch einmal den Kopf fuer den Teamwettbewerb am Sonntag freibekommen.
Also war ich heute von 10 bis 16 Uhr alleine unterwegs und habe viel von der Stadt gesehen.
Und morgen steht dann der letzte Tag der EM an mit den Mannschaftsmeisterschaften im Damendegen und Herrenflorett. Da gilt es noch einmal die Daumen zu druecken.

Live aus Prag – 5. Tag

4. November 2007
Puenktlich um 9Uhr 40 ging es los mit dem Mannschaftskampf gegen die Niederlande.
Das war ein ganz hartes Stueck Arbeit fuer die deutschen Jungs.
Am Ende haben sie mit 40 zu 35 gewonnen. Das Ergebnis sieht klarer aus als es in Wirklichkeit war.
Der Mannschaftskampf war von Beginn an wahnsinnig spannend, es gab rote Karten und auch einen Gefechtsabbruch wegen Passivitaet.
War selbst so angespannt, dass ich weder Foto noch Filmkamera in die Hand nehmen konnte, habe lieber mit angefeuert.
Jetzt muessen sich die vier nochmal sammeln, sich heiss machen fuer den naechsten Kampf, um den starken Russen im Viertelfinale Paroli bieten zu koennen.

Das russische Team praesentierte sich wirklich sehr stark und ausgeglichen und gewann gegen die deutsche Mannschaft mit 38:25.
Naechster Gegner war Polen im Kampf um die Plaetze 5 – 8.
Die Deutschen haben den Mannschaftskampf gut begonnen und dann war ploetzlich das Glueck auf der Seite der Polen. Klar, das gehoert zum Fechtsport mit dazu, aber es ist einfach aergerlich, wenn man den Gegnern Treffer schenkt. Klasse Angriffe gehen knapp vorbei oder es passt nur noch ein Sandkorn zwischen Spitze und Treffflaeche und schon werden die Abstauber vom Gegner kassiert. Mit 40:23 ging der Sieg an die Polen – die deutschen Jungs sind gerade ziemlich frustriert. Aber es nutzt nichts. Gegen Weissrussland gilt es gleich noch um Platz 7 zu kaempfen und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Na also, geht doch. Platz sieben nach einem deutlichen 45 zu 23 – Sieg gegen Weissrussland. Die deutschen Jungs waren auch wesentlich lockerer drauf, kaempften um jeden Treffer und gaben das Gefecht von Beginn an nie aus der Hand.
In der Halle stehen noch die Finals an im Damendegen und Herrenflorett. Herrenflorett schau ich mir auf jeden Fall noch an. Von Hans-Juergen und Marius habe ich mich schon verabschiedet, da es morgen wieder zurueck nach Deutschland geht.
Fazit: Prag war auf jeden Fall eine Reise wert und ich habe es nicht bereut dabei zu sein. Viele nette Bekanntschaften gemacht und Marius bei einem Grossereignis zuzuschauen, macht einfach Spass.
Habe auch zwei Stunden Filmmaterial, allein eine Stunde von Marius Einzelgefechten und jede Menge Fotos.
Tschüss aus Prag und auf Wiedersehen in Klarenthal.