Am 27. Mai war es soweit. Gut vorbereitet von unserem Trainer Dieter Bottler (war auch mit im Gepäck) flogen wir von Frankfurt aus nonstop nach Moskau. (Wir, das sind meine Schwester Tanja, meine Eltern und ich). Dort angekommen, begannen wir uns als erstes unserer überflüssigen Kleidung zu entledigen. 32° C und das in der russischen Metropole.
Auf dem Transfer zum Hotel mit der charmanten Reiseleiterin Ludmilla konnten wir schon die ersten Eindrücke dieser riesigen Stadt gewinnen. Nach ca. einer Stunde kamen wir im Hotel Ukraina an, wunderschön an der Moscwa gelegen.
Wahnsinnsanblick, dieses Hotel, bestimmt eines der beeindruckendsten Hotelgebäude in der Stadt. Eine riesige Eingangshalle mit Marmor und Deckenmalerei wie bei Kempinski mit 6 Aufzügen bis in den 29. Stock. Die Zimmer waren dann wohl nicht mehr à la Kempinski, aber sehr geräumig und ausgestattet mit Mobiliar aus den 50ern. Im Badezimmer fanden wir noch eine Duscharmatur aus der Jahrhundertwende vor, aber die Betten waren bequem und das Frühstück fürstlich. Da bekam man alles, was das Herz begehrt: ob warm oder kalt, ob süß oder salzig, ob extra mager oder extra fettig und ein gudd gebrühter köstlicher Kaffee. Da haben wir uns natürlich für den ganzen Tag gestärkt und dazu noch a bisserl Obst unn was Süßes für unterwegs rausgeschmuggelt.
Am Abend unserer Ankunft machten wir uns gleich auf den Weg Richtung Zentrum. Irgendwie habe ich mich gar nicht wohl gefühlt in meiner Haut, es war alles so fremd. Überall nur kyrillische Schrift, kein einziger Hinweis mal in Englisch. Ich dachte, hier fänden wir uns niemals alleine zurecht. Und wenn ich mal „null Plan“ habe, dann werde ich nervös. Na ja, Tanja blieb wie immer cool und gelassen; gleich bei unserer ersten Trinkpause (für unsere Nachwuchsfechter: die gibt’s erst, wenn man schon ordentlich was gemacht hat!) kramt sie den Reiseführer aus dem Rucksack und begann das kyrillische Alphabet zu studieren. Denn ohne ein bisschen Russisch ist man allein ziemlich aufgeschmissen; denn fast jedes Mal ernteten wir auf unsere Frage „Do you speak English“ ein mitleidiges Kopfschütteln. Englisch war nur bei den fliegenden Händlern Hauptsprache – war auch gut so, da wir das Handeln auf Russisch sicher nicht so gut hingekriegt hätten.
Am ersten Tag schlossen wir uns einer von Ludmilla organisierten Stadtrundfahrt an, um Orientierungshilfen für unsere bevorstehenden Alleingänge zu sammeln. Die Christi-Erlöser-Kathedrale, das Kaufhaus GUM, das Bolschoitheater, die Basilius-Kathedrale, der Rote Platz und schließlich der Kreml waren einige der vielen Sehenswürdigkeiten, die angefahren wurden. Beendet wurde die Rundfahrt mit dem Besuch des gewaltigen Kremlgeländes, manche besichtigten noch die Waffenkammer.
Jedenfalls wussten wir jetzt, wo was in der Stadt war und am nächsten Tag machten wir uns zu viert auf den Weg Richtung Metrostation in der Nähe unseres Hotels. Sofort fanden wir uns in den riesigen Tunnels und Röhren zurecht (ich glaub’, Tanja hat über Nacht einen Kyrillisch-Intensivkurs gemacht). Um zur Ringlinie zu kommen (ganz tief unten unter der Erde), benutzten wir ca. 100 m lange steile Rolltreppen, die uns in rasendem Tempo in den Untergrund brachten. Irgendwie sah das so witzig aus, wenn man die Leute auf der Rolltreppe nebenan beobachtete, die in die entgegen gesetzte Richtung fuhren: die standen alle schief (kann man nicht erklären – muss man gesehen haben – aber ich hätte mich da totlachen können ).Am Ende dieser Rolltreppen waren auch kleine Häuschen, besetzt mit schon sehr betagten Wärtern, die aber meistens schliefen (scheint eine Lieblingsbeschäftigung der Russen zu sein, wenn nichts zu tun ist). Ganz tief da unten hält alle zwei Minuten eine U-Bahn; in der Stoßzeit sogar alle 30 Sekunden. Nach den Angaben im Reiseführer fanden wir auf dieser Linie die schönsten Metrostationen der Welt: mächtige Stuckgewölbe mit Gemälden historischer Szenen, mit Buntglasfenstern, Malereien, Bildhauereien, riesigen Kronleuchtern, Marmor u.v.a.m. Und alles picobello sauber – und nicht nur in diesen Metrostationen. (Man muss sich mal vorstellen wie es bei uns aussehen würde, wenn täglich Millionen eine U-Bahn benutzen würden).
Auf unseren täglichen Touren haben wir bestimmt fast alles gesehen, was Moskau zu bieten hat: das Neujungfrauenkloster, Kolomskoje, Märkte, Parks, Universität, Leninstadion, Skissprungschanze, Leninmausoleum, GUM, ein unterirdisches Kaufhaus, ein Spaziergang über den Roten Platz und alles rund um den Kreml mit seinen bis zu 30 Meter hohen Außenmauern.
An Verkehrsmitteln haben wir nicht nur die Metro, sondern auch den Trolley-Bus benutzt und einmal auch die Straßenbahn: Da waren wir auf der Suche nach dem Vogelmarkt ( dort gibt’s alles zu kaufen, das kriechen, fliegen und krabbeln kann ), der weit außerhalb des Zentrums sein sollte, aber dann doch nicht mehr dort war.
So, den Teil oben habe ich ziemlich direkt nach unserer Rückkehr aus Moskau geschrieben – dann machte ich eine schöpferische Pause – um dann – 10 Monate später – das Werk zu vollenden. Macht aber nix, denn die 8 Tage Moskau waren so ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergisst.
Einen Tag vor unserem Wettkampf fuhren Tanja und ich in die Sporthalle zur Materialkontrolle und zum Einschreiben. Die Materialkontrolle war recht amüsant: jede Waffe wurde geprüft und ein ‚M’ in die Klinge graviert, die Kabel wurden mit einem Kabelbinder versehen und das alles mit einer solchen Ruhe und Gelassenheit, die man bei uns in Deutschland gar nicht mehr kennt. Aber man gewöhnt sich ja an alles.
Der Wettkampf selbst war super organisiert. Zwei Runden, dann 16er-KO und wer kommt gegeneinander: Eich/Germany gegen Uder/Germany. Zwei Deutsche – zwei Klarenthaler – zwei Schwestern. Echt schade, aber so war wenigstens eine von uns sicher im Finale. Nachdem ich gegen Tanja gewonnen hatte, wartete eine Weißrussin, die spätere Siegerin, auf mich. 0:3 stand es schon gegen mich bis ich endlich schnallte, mit welcher Aktion sie meine Angriffe immer ausparierte (so was hab’ ich nie gelernt). Sie war auch wirklich die stärkere und schnellere und gewann verdient mit 10:7.
Die Siegerehrung am Nachmittag war wunderschön und es war ein besonderes Gefühl, da vorne zu stehen und die – wenn auch weißrussische – Nationalhymne zu hören. Hab’ ich, als ich klein war, immer davon geträumt (Zusatz: Ja, habe ich wirklich immer davon geträumt, aber mit mir ganz oben auf dem Treppchen und mit der Deutschen Hymne!!!)
Ach ja: Ich war am Ende auf dem 6. Platz und Tanja war 11. War doch eine tolle Ausbeute für unseren kleinen Verein!
Die letzten beiden Tage nutzen wir noch aus, um Moskau weiter zu erkunden und die noch fehlenden Souvenirs zu besorgen. Nur die Temperaturen stürzten von 32° Richtung Gefrierpunkt, am Morgen unserer Abreise sahen wir sogar ein paar russische Schneeflocken.
Fazit: Moskau ist eine wunderschöne, reizvolle Stadt. Picobello sauber – nirgendwo, ob in Metro, Fußgängerzonen oder auch in den Außenbezirken liegt Dreck auf den Straßen. Mehr als empfehlenswert für alle, die noch nicht dort waren.
Tipps für Moskaureisende:
Essen: kann man sehr günstig, man findet auch schnell wo – genauso schnell wie man die teuren findet und dort nach dem Studium der Speisekarte das Lokal fluchtartig verlässt (Preise hängen selten vor dem Lokal aus)
Trinken: genauso günstig, es Bier iss gudd (Aussage meines Vaters)
Den besten Wodka gibt’s in der „Route 66“
ÖPNV: koschd faschd nix
Souvenirs: Matrjoschkas in allen Variationen,
Fahnen mit Hammer und Sichel ( die alten ),
Russekappe mit hunderten von Pins dran,
Telefonkarten, weil man sich ständig welche kauft, um mal nach Hause zu telefonieren und keine funktioniert, zumindest nicht dort, wo man sie reinsteckt
Währung: eigentlich Rubel, bei den fliegenden Händlern bittschön nur EURO
Fitness: die körperliche Fitness sollte gut sein, um die zu Fuß zurückzulegenden Kilometer ohne Probleme bewältigen zu können
Es waren für mich und für die anderen unvergessliche Tage in der Weltstadt Moskau.
Ein riesiges Dankeschön geht noch an unsere Sponsoren (Mama und Papa), denen die Reise bestimmt mindestens genauso gut gefallen hat wie uns.
Birgit